2016/05 Köln





Protokoll zur mündlichen Prüfung im Mai 2016 beim

Gesundheitsamt Köln.

Anwesend waren ein Facharzt für Psychiatrie, ein Arzt vom Gesundheitsamt, eine HP für

Psychotherapie und eine Heilpraktikerin.

Die Prüfung begann 10 Minuten vorher und dauerte insgesamt ungefähr 45 Minuten.

Zu mir: ich bin freiberuflich selbstständige systemische Beraterin mit zwei Schwerpunkten:

(1) seit 5 Jahren arbeite ich freiberuflich in der Organisationsberatung/Coaching

(2) seit knapp einem Jahr habe ich eine Praxis für systemische Einzel-, Paar- und

Familienberatung.

Aktuell befinde ich mich in einer Aufbauweiterbildung zur Systemischen Therapeutin, die in

8 Monaten abgeschlossen sein wird.

Nach einer kurzen freundlichen Begrüßung (Personalausweis, Vorstellungsrunde) wurde das

Aufnahmegerät eingeschaltet und damit der Prüfungsmodus. Die Prüfung war umfassend (für

mein Empfinden wenig störungsbildspezifische Fragen), sachorientiert und wenig

menschelnd. Es gab im Prozess keinerlei mündliche Rückmeldungen zu Erfolg oder

Misserfolg (nur mich irritierende Mimik). Ich beschreibe das so, weil ich allen Mut machen

möchte, sich davon nicht irritieren zu lassen, sondern konzentriert und ruhig zu bleiben.

Arzt vom Gesundheitsamt: Haben Sie noch Unterlagen mitgebracht?

Ich hatte mich vorher telefonisch erkundigt, ob das ratsam ist. Die Antwort war ja. Deswegen

habe ich das Zertifikat meiner abgeschlossenen systemischen Ausbildung mitgebracht sowie

die aktuellen Teilnahmebestätigungen der bereits absolvierten Bausteine meiner

therapeutischen Aufbauweiterbildung.

Wieso möchten Sie die Prüfung als HP PT ablegen? Was möchten Sie damit tun?

Auf diese Frage hatte ich mich im Vorfeld gut vorbereitet und konnte das auch schlüssig

darlegen.

Was wären Ihre Lieblingsstörungsbilder?

(Für mich eine schreckliche Frage, die ich im Vorfeld zwar vorbereitet hatte, mich aber

trotzdem hat noch mal straucheln lassen. Als Systemische Therapeutin behandle ich ja keine

Störungsbilder, sondern Menschen. Das habe ich nicht gesagt!!!)

Habe mich auf leichte affektive Störungen und Anpassungsstörungen bezogen. Und dann eher

ausschließend geantwortet, was ich aufgrund meiner Sorgfaltspflicht nicht behandeln würde

(Schizophrenie, Störungsbilder mit psychotischen Symptomen, Störungsbilder wo eine

psychopharmakologische Behandlung im Vordergrund steht...). Und das ich nach meinem

derzeitigem Ausbildungsstand Zwangs- und Angststörungen eher an Verhaltenstherapeuten

überweisen würde, da diese Methode sehr gut untersucht und für diese Störungsbilder

erfolgsversprechend ist. Dann habe ich noch ein Beispiel für einen Grenzfall gegeben, wo

mich eine Tochter wg. ihrer schizophrenen Mutter um ein familientherapeutisches Setting

gebeten hat.

Facharzt: Wollen Sie nun mit Kindern oder Erwachsenen arbeiten?

Ich: Erwachsene. Bei Familien steht bei mir aktuell eher Erziehungsberatung im Vordergrund.

(Ich wollte definitiv nicht über Störungsbilder in der Kindheit und Jugend geprüft werden, ich

hatte den Eindruck, dass die Antwort auf die Frage ausschlaggebend für den späteren Fall

war.)

Erläutern Sie mir bitte die Vorgehensweise bei einer Anorexia Nervosa aus

systemtherapeutischer Sicht.

Ich konnte leider nur allgemeine systemische Ansätze und Arbeitsweisen beschreiben, da ich

in meiner Ausbildung keine störungsbildspezifische Herangehensweise erlernt habe. Das war

schwierig und so ging die Frage auch noch einige Male hin und her, in dem ich nicht nur

einmal einräumen musste, dass ich die Frage sehr wohl verstanden habe, systemisches

therapeutisches Arbeiten erläutern könne, aber eben nicht die gewünschten Modelle für die

Anorexia Nervosa anbieten kann. Der Facharzt war sehr versiert und hat mir dann auch noch

die konkreten systemtherapeutischen Modelle (Mehrgenerationenmodell nach ..., Mutter-

Tochter-? mit entsprechenden Vertretern der Systemik benannt).

Danach kam der Fall: 36 J. Frau, 2 Kinder fühlt sich völlig überfordert, sie schaffe es gerade

noch nur Arbeit zu gehen (nachmittags putzen), würde schlecht schlafen, früh aufwachen. Vor

drei Jahren hatte sie einen Schlaganfall erlitten, der aber mittlerweile gut überwunden wurde

und keine Nachwirkungen mehr hat.

Sich mit Freunden zu treffen, dazu hätte sie kaum mehr die nötige Energie. Seit 6 Monaten ist

ihr Mann arbeitslos und hänge nun nur noch zu Hause rum, seitdem ist es noch schlimmer.

Sie sei psychisch völlig am Ende.

Bitte stellen Sie Differenzialdiagnosen.

Da ich nicht mitschreiben sollte, musste ich einige Details zwischendrin immer noch mal

erfragen.

Ich habe direkt zu Beginn gesagt, dass mir zwei Verdachtsdiagnosen als erstes in den Sinn

kommen und ich beide erläutern würde.

Depressive Episode und Anpassungssstörung.

Ich habe dann mit der affektiven Störung begonnen, erläutert, welche Symptome dafür

sprechen, was man noch klären müsste (z.B. ob es auch manische Episoden gibt, etc.) und bin

dann weiter zu den Anpassungsstörungen. Auf meine Nachfrage seit wann die Klientin denn

die Symptome hat, meinte der Facharzt seit 6 Monaten, woraufhin ich meinte, dann würde ich

auf eine Anpassungsstörung fokussieren, da es einen klaren Auslöser gibt und auch die

Zeitdimension passt.

Ich habe meine Antwort hier jetzt sehr verkürzt dargestellt. Es wurden keine Fragen zu

Anamnese, psychopathologischen Befund oder Nachfragen zu anderen Störungsbildern als

die von mir als Verdacht geäußerten gestellt.

Der Arzt vom Gesundheitsamt übernimmt wieder: Halten Sie die Situation für

gefährlich?

Ich: Nach meinen derzeitigen Wissensstand nein. Ich habe allerdings noch nichts gehört zu:

Suizid, Substanzen, organische Ursachen, psychotische Symptome (wie Wahn, Ich-

Störungen)

Aber die Frau ist doch psychisch völlig am Ende!

Ich: Noch einmal Suizidalität ausführlich thematisiert sowie meine Vorgehensweise, um

Suizidverdacht zu klären.

Es besteht akute Suizidalität, wie gehen Sie vor?

Ich: Zuerst freiwillige Selbsteinweisung beschrieben, Transport zur LVR-Klinik organisiert

(durch Ehemann), mit dem Ehemann supportiv gearbeitet...

Woraufhin der Arzt des Gesundheitsamts meinte: Und was ist, wenn die Frau ihrem

Mann wegrennt und sich unmittelbar suizidiert? Und Sie haben das so eingetütet?

Ich erkläre kurz den Unterschied zwischen bei klarem Bewusstsein und das m.E. das

PsychKG nur bei psychisch Kranken greift. Wenn ich in dem Gespräch davon ausgegangen

wäre, dass dann die Fremdeinweisung angestanden hätte. Dann durfte ich ausführlich den

Weg der Fremdeinweisung hier in Bonn erläutern.

Haben Sie schon einmal einen psychiatrischen Notfall erlebt?

Ich nach Nachdenken (mir war klar, dass ein „nein“ keine gute Option ist, aber was sollte ich

tun??): Antwort: nein

Haben Sie in Ihrer Ausbildung oder woanders schon einmal erlebt, wie man mit

psychiatrischen Notfällen umgeht?

Ich: Ja, natürlich! Lehrtherapeuten – Übungssituationen in Ausbildung, etc.

Mit wem könnten Sie sich austauschen, wenn Sie sich unsicher sind?

Ich: Sozialpsychiatrischer Dienst, die haben mir das im Telefonat auch angeboten.

Wer noch?

Ich: Ordnungsamt, dass auch für die Einweisung zuständig wäre; LVR-Klinik hat eine

Notrufnummer (ob das alles richtig war, weiß ich nicht)

Dann kam die HP für Psychotherapie: Können Sie mir bitte sagen, was genau im

Heilpraktikergesetz drinnen steht? Ganz genau würde ich gerne den dritten Absatz

hören.

Ich: (denke: Wie bitte, auswendig???) Konnte ich natürlich nicht auswendig zitieren und habe

dann alles gesagt, was ich wusste, was im HP-Gesetz drin steht bzw. geregelt ist.

Wie kam es denn dazu, dass das HP-Gesetz in den Heilpraktiker und den Heilpraktiker

für Psychotherapie unterteilt wurde?

Ich: Das war 1993, aber ehrlich gesagt, das habe ich irgendwann beim Lernen mal gelesen

aber nicht für die Prüfung gelernt. Wollen Sie von mir jetzt genau wissen wie es dazu kam?

Ja genau, Sie wollen doch schließlich Heilpraktikerin für Psychotherapie werden. Da

müssen Sie das doch wissen!

Ich: Nein, tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht erläutern. Ich kann da nur Vermutungen

anstellen, ich meine da gab es ein Urteil, aber das ist kein Wissen. Wollen Sie Vermutungen

hören?

Facharzt: Wie kommen Sie denn jetzt auf ein Urteil?

Ich: wie gesagt, ich habe dazu mal ein ganzes Kapitel gelesen, aber das ist lange her. Ich weiß

es wirklich nicht.

HP für PT: Nehmen wir mal an, nur angenommen, Sie würden jetzt hier die

Bestätigung bekommen, dass Sie sich Heilpraktikerin für Psychotherapie nennen

dürfen. Was müssen Sie jetzt tun?

Ich: Ich weiß es nicht. Ich stelle u.a. auch falsche Vermutungen an ...

Dies war eine gefühlt 5-minütigie Sequenz, in der man mich irgendwie versucht hat dahin zu

bringen, dass ich das Ganze beim Gesundheitsamt Bonn melden muss und beim Finanzamt

eine freiberufliche Tätigkeit nach dem HPG anmelden muss.

Wenn Sie jetzt morgen eine Praxis als HP für PT öffnen würden, was ändert sich bei

Ihnen?

Ich: Im Grunde vermutlich nicht soviel, weil ich vieles von dem geforderten schon jetzt tue

(Vertrag mit den entsprechenden Informationen, Aufklärung, Schweigepflicht (Vorsicht

Fehler! s.u.). Meine Dokumentation wird sich verändern, da ich jetzt Diagnosen stelle und

den Behandlungsplan/Therapieplan sowie grob den Therapieverlauf dokumentieren werde.

Und wie lange müssen Sie die Unterlagen aufheben?

Ich: 10 Jahre

Dann folgte die Heilpraktikerin: Was sagt Ihnen die perniziöse Katatonie?

Ich: Das ist eine lebensgefährlicher Notfall! (mehr wusste ich dazu nicht und deswegen habe

ich einfach genau das mit sehr viel Ausdruck gesagt, zum Glück redete dann die HP weiter.)

Stellen Sie sich vor, eine Mutter ruft Sie nachmittags an und berichtet Ihnen, dass ihr 8-

Jähriger Sohn seit dem Morgen starr in seinem Bett liegt und nicht ansprechbar ist.

Was tun Sie?

Ich: Da es eine lebensgefährliche Situation ist, rufe ich den Notarzt!

Sie oder die Mutter?

Ich: Die Mutter hätte es m.E. schon längst tun müssen. Da sie es nicht getan hat, rufe ich den

Notarzt.

Was tun Sie, wenn Sie von sexuellem Kindesmissbrauch erfahren?

Ich: Ich melde es dem Jugendamt.

Anonym oder namentlich?

Ich: Namentlich, da dem Kind sonst nicht geholfen werden kann. Hier gilt dann auch nicht

meine Schweigepflicht.

Wieso reden Sie jetzt von Schweigepflicht? Sie unterliegen der

Verschwiegenheitspflicht!

Ich (völlig irritiert, weil ich von diesem Unterschied vorher noch nie etwas gelesen oder

gehört hatte): Ähm ja. Und dann habe ich noch irgendeinen Quatsch gesagt, woraufhin die

Heilpraktikerin mir den Unterschied erklärt hat: Der Schweigepflicht unterliegen Ärzte,

Rechtsanwalte etc. und deren Verletzung kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich

ziehen. Heilpraktiker unterliegen der Verschwiegenheitspflicht welche im Zweifelsfall

zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Dann war die Prüfung nach 45 Min. zu Ende, ich durfte raus, wurde nach 2 Minuten wieder

reingeholt und hatte bestanden. (YEAH!) Jetzt war es auch wieder eine freundliche

Atmosphäre wie zu Beginn.


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