2021/06 Heilbronn



24.06.2021
Gedächtnisprotokoll zur HPP-Prüfung in Heilbronn vom 23.06.2021
von 10:30 Uhr – 11:15 Uhr
Mein Termin war um 10:15 Uhr. Ich war bereits um 9:30 Uhr dort, viel zu früh, war aber angenehm, so entspannt dort anzukommen. Nach der Anmeldung habe ich noch ca. 15 Min. gewartet, bis ich von Frau Ribbis, abgeholt wurde, die mich sehr nett begrüßte und mit mir die Anmeldeformalitäten erledigte.
Nach der Anmeldung habe ich noch etwa 45 Min. vor dem Prüfungsraum gewartet und bin dort den langen Flur entlanggelaufen. Der Prüfungsraum war im Keller und dort wurde ich von Baustellenlärm begrüßt - anscheinend wird im Gesundheitsamt Heilbronn gerade umgebaut. Die Räumlichkeiten wirkten provisorisch und daher war die Atmosphäre erstmal etwas gewöhnungsbedürftig, aber überaus freundlich. Auf dem Flur sprach mich sogar ein Mitarbeiter an und wünschte mir viel Erfolg.
Um kurz nach 10:00 Uhr ging die Tür des Prüfungsraumes auf und heraus kam die Frau, die vor mir geprüft wurde. Sie wirkte unzufrieden und frustriert. Die Prüfer hätten sie über den „Veitstanz“ ausgequetscht… über neurologische Erkrankungen und es wäre alles so viel zu Lernen gewesen…
Ich bin dann einfach weiter den Flur auf und ab gelaufen, habe Atemübungen gemacht und mich mit Mini-Meditationen zentriert und entspannt.
Die Nachbesprechung mit dem Prüfling vor mir dauerte ziemlich lange und daher fing meine Prüfung mit 15 Minuten Verspätung an.
Um ca. 10.30 Uhr ging es dann endlich los. Herr Dr. Elsasser (Amtsarzt Gesundheitsamt Heilbronn) begrüßte mich freundlich und bat mich in den Prüfungsraum. Anwesend waren noch
Herr Diplom-Psychologe Schüßler und Frau Sauerbauer vom Heilpraktiker-Verband.
Ich setzte mich hinter die Plexiglasscheibe, alle Beteiligten hatten die ganze Zeit über einen Mundschutz auf (wegen Corona).
Herr Dr. Elsasser stellte alle Anwesenden vor und sagte, dass sie anhand meines Lebenslaufes
schon wüssten, dass ich Ausbildungen in Reiki, systemischer Arbeit und ILP® Integrierte Lösungsorientierte Psychologie gemacht hätte. „Da hätte ich ja schon einiges gemacht“, meinte er und nickte wohlwollend. ILP® schien ihm etwas zu sagen, er nickte zumindest zustimmend, als er das ansprach.
Er bat mich dann, mich kurz vorzustellen und zu sagen, warum ich die Heilerlaubnis haben möchte.
Ich nannte meinen Namen, Alter, 3 erwachsene Kinder und dass ich seit 2017 in eigener Praxis beratend tätig sei. Nach allem, was ich gemacht und gelernt hätte in den letzten Jahren, sei die Heilerlaubnis für mich nun der nächste sinnvolle und naheliegende Schritt.
Ich hätte das Gefühl, dass ich mich mit Coaching und Beratung in einer Art undefinierbaren Grauzone befinden würde und ich wolle eine klare Berufsbezeichnung, mich und meine Klienten klar aufgestellt und gesetzlich abgesichert wissen. Und dass ich mich wirklich freue, jetzt hier bei der Prüfung zu sein, das habe ich auch noch gesagt und bestimmt auch ausgestrahlt.
Die Atmosphäre war trotz der Corona-Bedingungen (ich saß hinter einer Plexiglasscheibe, alle trugen Mundschutz) sehr angenehm und ruhig. Dr. Elsasser vergewisserte sich dann noch einmal, dass ich mit der Tonbandaufzeichnung einverstanden sei und dann ging es mit dem Heilpraktikergesetz los. Ob ich sagen könnte, was Heilkunde sei? Antwort Prüfling: „Im Heilpraktikergesetz von 1939 heißt es: Heilkunde im Sinne des Gesetzes ist jede berufs- und gewerbsmäßig ausgeführte Tätigkeit…“.
Dr. Elsasser machte immer Häkchen auf seiner Liste (ich glaube, gewerbs- und berufsmäßig war ihm sehr wichtig), sobald ich etwas gesagt hatte, was er offenbar hören wollte.
Ich hatte Gesetze gelernt bis zum Abwinken und trotzdem stockte ich hier kurz, weil mir bei der Aufzählung des Heilpraktikergesetzes (Heilkunde im Sinne des Gesetzes ist jede Berufs- und gewerbsmäßig…) „Krankheiten“ nicht einfiel. Ich habe mich aber nicht aus der Ruhe bringen lassen und einfach weitergesprochen. Dr. Elsasser hat mir nachher gesagt, dass ich „Krankheiten“ nicht genannt hatte, ansonsten schien er aber zufrieden. Er machte sich die ganze Zeit kurze Notizen und hakte seine Liste ab, wenn ich das Gewünschte gesagt hatte.
Weiter ging es mit Verboten. Die Frage war allerdings seltsam gestellt und einige Verbote (Zahnheilkunde, Geburtshilfe…) hatte er selbst schon vorweggenommen. Er fragte nach den Gesetzen (Arzneimittelgesetz…) und nicht einfach nach den verbotenen Tätigkeiten. Das hatte mich kurz aus dem Konzept gebracht, habe dann aber alles aufgezählt, was mir einfiel und kurz beschrieben, was damit gemeint ist (verboten ist Umherziehen, Totenschein ausstellen, körperliche Untersuchungen, Medikamente zubereiten/verabreichen/Rezepte ausstellen…).
Dann wurde nach HPP-Pflichten gefragt. Ich habe einige aufgezählt und z.T. kurz erklärt, was damit gemeint ist, bzw. Zeitangaben ergänzt (Abstinenzpflicht 1 Jahr, Aufbewahrungspflicht 10 Jahre)
(Aufklärungs-, Abstinenz-, Aufbewahrungs-, Dokumentations-, Hygiene-, Melde-, Haft-, Sorgfalts-, Fortbildungs-, Supervisions-, Sorgfalts-Pflicht…). Wieder setzte der Amtsarzt alle möglichen Häkchen auf seiner Liste.
Die gesetzlichen Sachen waren nun bereits erledigt - es wurden keine weiteren Fragen zu
Gesetzen gestellt.
Fachlich ging es dann mit PTBS los. Ich sollte erklären, was das ist.
Ich habe dann erklärt, was ein Trauma ist (Trauma = ein Ereignis von besonderer Schwere, wie z.B. Krieg, oder ein Verbrechen, dass für jeden ein traumatisches, schwerwiegendes Ereignis wäre). Es kommt dann zu einer Überforderung, die Amygdala (Mandelkern) schlägt Alarm und kommt nicht gegen das Ausmaß dieses Überforderungs-Erlebnisses an. Innerhalb von 6 Monaten nach dem traumatischen Ereignis kommt es dann zu Symptomen (PTBS-Symptome aufgezählt, erhöhte Vigilanz…). Symptome und Beschreibung habe ich runtergerattert, wollte er dann gar nicht zu Ende hören, als er merkte, dass ich mich da sicher fühle. Wert legte er anscheinend auf die klare Unterscheidung zwischen einer Belastungssituation (Anpassungsstörung) und einem Trauma (PTBS). Wieder Häkchen gesetzt.
Den ersten Teil gut gemeistert, ich fühlte mich gut und war ruhig und konzentriert.
Dann kam Herr Dipl. Psychologe Schüßler ins Gespräch und fragte, was ich denn machen würde, wenn jemand zu mir in die Praxis käme. Antwort Prüfling: „Der psychopathologische Befund fängt an, sobald der Klient die Praxis betritt. Wie ist sein Erscheinungsbild (gepflegt/ungepflegt? Geruch? Auffälliger Kleidungsstil? Vorgealtert?
Wie ist die Kontaktaufnahme? schüchtern/gehemmt/distanzlos?...
Ich würde dann die Elementarfunktionen erfassen und einen psychopathologischen Befund erstellen. Habe dann angefangen aufzuzählen: Bewusstseinsstörungen, Orientierungsstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Affektstörungen, Konzentrationsstörungen…“ Da hat mich der Prüfer unterbrochen, mehr wollte er dazu gar nicht hören. Prüfer: „Was machen Sie dann?“
Antwort Prüfling: „Der psychopathologische Befund geht dann in die Anamnese über. Ich würde eine ausführliche Anamnese machen, zunächst eine spezifische Anamnese, also abklären, warum der Klient bei mir in der Praxis sei (welches Thema er mitbringt), welche Beeinträchtigungen er augenblicklich hätte, welches Ziel/welche Erwartungen er mitbringt…“ Da hat der Prüfer mich unterbrochen und meinte, dass ich dann doch wieder beim psychopathologischen Befund sei. Ich habe mich nicht beirren lassen und gesagt, dass es beim Psychopathologischen Befund um das Erfassen der Elementarfunktionen ginge und bei der spezifischen Anamnese um eine Art
Bestandsaufnahme der Beeinträchtigungen, die der Klient momentan erlebt… und nicht um beobachtbare Symptome/Auffälligkeiten wie beim psychopathologischen Befund.
Eine Anamnese sei eine Art „time-line“, um sich ein Bild zu verschaffen über das
bisherige Leben/die Lebensumstände/den Lebensverlauf des Klienten.
Herr Schüßler (Psychologe) hat die ganze Zeit keine Miene verzogen. Ich habe dann weitere Arten der Anamnese aufgeführt: biografische, Eigen-, Fremd-, Sozial-, Sexual-, Sucht-, Krankheits-,
Familien-,… Anamnese.
Dann ging es mit einem Fallbeispiel aus seiner Praxis weiter. Er schob mir ein DIN-A4-Blatt mit einer Fallbeschreibung unter der Plexiglasscheibe durch. Kurze Beschreibung eines Falls über 4 - 5 Zeilen:
22-jähriger junger Mann, wirkt unsicher und gehemmt. Seit dem Tod des Opas ist er niedergeschlagen. Er sagt, dass er manchmal nicht weiß, wie es weitergehen soll. Montags sei er regelmäßig erschöpft und müde.
Ich hatte Stift und Textmarker dabei und fragte, ob ich mir Notizen machen dürfte. Ja, wäre ok, ich müsse das Blatt nach der Prüfung abgeben.
Kaum hatte ich angefangen, zunächst mögliche Gefahren auszuschließen (SOSP!!!) und auf Depression, Suizidgefahr, Anpassungsstörung, sowie möglichen Substanzmissbrauch hinzuweisen (ich verwies dabei auf die passenden Textstellen, erwähnte Cannabis, Ecstasy, Alkohol, weil er montags immer wie gerädert sei), unterbrach der Prüfer mich und gab mir mündlich weitere Informationen zu dem Fall.
Ich konnte kaum so schnell schreiben und mir Notizen machen, wie die Details (durch die Plexiglasscheibe und alle mit Mundschutz wegen Corona), auf mich losprasselten:
Der junge Mann sei klein und schwächlich, hätte wenig Muskeln. Seinen Hauptschulabschluss hätte er gerade so geschafft, mit einem IQ von 89. Er hätte zur Bundeswehr gehen wollen, sei dort aber wegen zu geringer Körpergröße ausgemustert worden. Am Wochenende würde er regelmäßig in einer Kneipe 2 – 3 Bier trinken. Er hätte einen BDI-Wert von 10, das sei nicht besonders hoch.
Prüfer: „Wissen sie, was ein BDI-Wert ist?“ Ich überlegte kurz. Prüfer: „BDI hat mit Depression zu tun“. Dann fiel es mir ein und ich sagte, dass das ein Test sei, um Depressionen nachzuweisen,
„Beck-Depression-Inventar“, nach A. Beck (Verhaltenstherapie). Ein kurzes bejahendes Nicken vom Prüfer, dass ich das grob zuordnen/benennen konnte.
Als ich glaubte, dass ich jetzt loslegen könne, mit der Fallbearbeitung kamen weitere Details:
Da der junge Mann bei der Bundeswehr ausgemustert worden war, sei sein Ziel nun, in die USA auszuwandern, dort zur US-Army zu gehen (sein Opa war Amerikaner, bereits vor mehr als 2 Jahren verstorben, Vietnamveteran). Er hoffte, dass die Aufnahmebedingungen zum Militärdienst in USA anders sind als in Deutschland.
(Als ich später nachfragte, ob es für die Ausmusterung bei der Bundeswehr noch weitere Gründe gab, war die kurze, etwas pampige Antwort, dass eine zu geringe Körpergröße schon Grund genug sei, um ausgemustert zu werden.)
Der junge Mann hätte eine unrealistische Selbstwahrnehmung.
Außerdem hätte er Interesse an Waffen, würde sehr viel Computerspiele spielen und hätte den dringlichen Wunsch zum Militärdienst zu gehen, um seinem verstorbenen Opa nachzueifern. Selbstwertprobleme, schwieriges Elternhaus, Vater Alkoholiker + hat Geld verspielt, Mutter wurde schon wegen Depression behandelt. Die Mutter nimmt den Sohn immer in Schutz und „klammert“. Der junge Mann hat Probleme mit Frauen (Beziehungsaufbau), er fühlt sich von Frauen ausgenützt, wünscht sich aber eine Beziehung. Er sei handwerklich begabt und des Öfteren hat er schon die Erfahrung gemacht, dass die Frauen nur an seinen handwerklichen Fähigkeiten interessiert seien. Deswegen fühlt er sich von gleichaltrigen Frauen ausgenützt und fühle sich nun zu jüngeren Frauen hingezogen. Er hätte Angst, dass er sich mal nicht „beherrschen“ könne, wenn ihm eine 13-Jährige mal richtig gut gefallen würde…
Puuhh… ich brauchte ein extra Blatt für all diese Informationen, die mir schnell und völlig unsortiert
mitgeteilt wurden. Und dann kam die Frage vom Prüfer:
„Was machen Sie nun mit dem jungen Mann, wenn der bei Ihnen in der Praxis erscheint?“
Ich kriege den genauen Ablauf meiner Antworten nicht mehr chronologisch zusammen.
Ich wurde in meinen Gedankengängen immer wieder von dem Prüfer unterbrochen. Wenn er das Gefühl hatte, dass ich mich auskenne mit einem Thema, dann hat er sofort abgewunken und ein neues Thema angeschnitten, nach Testverfahren gefragt, oder mir noch weitere Spezialdetails zu diesem Fall gegeben.
Ich habe immer wieder auf mögliche Gefahren hingewiesen (SOSP, Eigen- und Fremdgefährdung!!!), dass ich den jungen Mann zur Abklärung zunächst zum Facharzt (Psychiater) verweisen würde, dass er dort vermutlich Antidepressiva (SSRI) bekommen würde zur Stimmungsaufhellung + gegen Ängste.
Wenn er dann medikamentös gut eingestellt und stabil sei, dann könne ich mit ihm
supportiv-begleitend-stützend arbeiten, Ziel erarbeiten, Ressourcentraining, Selbstwert-Training,
Ich-stärkend arbeiten… Außerdem wären in dem Zusammenhang sicherlich Entspannungsverfahren hilfreich (Autogenes Training, PMR, Meditation, Achtsamkeitsbasierte Verfahren, Hatha-Yoga… genannt).
Differentialdiagnostisch habe ich ganz zu Anfang Dysthymia+depressive Episode = Double Depression genannt. Da hat er, glaube ich, ein Häkchen gesetzt auf seiner Liste.
Ich fühlte mich die ganze Zeit gehetzt und hatte keine Gelegenheit, meine Argumente für oder gegen ein mögliches Krankheitsbild zu erläutern. Ich wurde immer wieder gefragt, was ICH denn jetzt mit dem jungen Mann machen würde. Ich habe mich nicht aus der Ruhe bringen lassen und bin laut!!! denkend durch das ICD-10 gegangen. Zunächst habe ich den Unterschied zwischen F6 schizoider Persönlichkeitsstörung und F2 schizotyper Störung gut erklärt, beides ausgeschlossen, weil er sich ja eine Beziehung wünscht. Schizoaffektive Störung angesprochen und ausgeschlossen.
Alkoholität abgeklärt, ob es wirklich nur 2 – 3 Bier am Wochenende wären, fragte ich?
Antwort Prüfer: „Mit welchem Test könnten sie das abklären?“ Antwort Prüfling: Mit dem CAGE-Test,
C = cut down, A = annoyed, G = … da unterbrach er mich und meinte: „Ok, den Test kennen sie. Welchen Test gibt es noch für Alkohol?“ Darauf war ich gut vorbereitet, ich nannte
MALT = Münchner Alkohol-Test, LAST = Lübecker Alkohol Screening Test, Jellineck-Test… wieder Unterbrechung, ich hätte noch mehr Tests parat gehabt.
Prüfer: „Falls es eine Suchtproblematik gäbe, was würden sie dann mit dem jungen Mann machen?“
Antwort Prüfling: „Ich bin kein Suchtexperte, ich würde ihn im Rahmen meiner Sorgfaltspflicht dazu motivieren, zu einer Suchtberatung zu gehen, die würden sich auch mit den Testverfahren auskennen, die ich genannt hatte.“ Wieder Unterbrechung vom Prüfer, er wollte keine ICD-10 Kriterien oder andere Details zu Alkoholabhängigkeit wissen, vielleicht hätte ich es von mir aus einfach hinterher schieben sollen, aber ich fühlte mich irgendwie gehetzt und er konfrontierte mich schon mit der nächsten Frage wegen der Intelligenz – ob ich da auch ein Testverfahren kennen würde, um den IQ zu ermitteln. Zum Glück fiel mir sofort der “HAWIEK“-Test. Der Prüfer meinte dann, dass es diesen Test auch für Kinder gäbe. Ich korrigierte daraufhin und sagte, dass der IQ-Test für Erwachsene „HAWIE“ heißen würde und der für Kinder „HAWIEK“ (K = für Kinder). Damit war er zufrieden. Nächste Frage vom Prüfer: „Wann spricht man denn von einer Intelligenzminderung?“
Ich fing an, die Werte für Oligophrenie zu nennen: IQ unter 20, schwerste Intelligenzminderung, mentales Alter unter 3 Jahre, IQ 20 – 34, mentales Alter… Als ich bei der mittleren Intelligenzminderung angekommen war, hat er wieder abgewunken und gesagt, dass wir bei dem vorliegenden Fall (IQ von 89) ja weit entfernt seien von einer schweren Intelligenzminderung.
Nun waren wir wieder zurück in dem Fallbeispiel.
Ich sprach noch eine mögliche „gaming-disorder“/Computersucht an, die im DSM 5 codiert wird,
weil der junge Mann so viel Computer spielen würde, übermüdet sei und Interesse für Waffen und Militär hätte. Ich wies darauf hin, dass hier möglicherweise in Verbindung mit der unrealistischen Selbsteinschätzung, mangelndem Selbstwert und einem IQ von 89 eine Gefahr für die Umwelt/Fremdgefährdung vorliegen könnte. Noch bevor ich weiter darauf eingehen konnte, sagte der Prüfer: „Nein, das hätte der junge Mann nicht“. DSM 5 zu erwähnen kam, glaube ich, gut an.
Irgendwie kamen wir im weiteren Verlauf bei der Sexualität des jungen Mannes vorbei. Ich fragte Orgasmus-Störungen und Ejaculations-Störungen ab. „Nein, das hätte er nicht“, meinte der Prüfer. Dann sagte der Prüfer auf einmal, was denn wäre, wenn der junge Mann pädophil wäre?
Antwort Prüfling: „Das wäre Fremdgefährdung, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Das müsste ich natürlich ganz klar abklären und ausschließen und…“ noch bevor ich weiter ins Detail gehen konnte mit Gesetzeslage usw., hat er mich wieder unterbrochen und gesagt: „Nein – pädophil sei der junge Mann nicht“. Und dann kam wieder die Frage, was ICH denn nun mit dem jungen Mann machen würde, wo doch jetzt alle Gefahren abgeklärt und ausgeschlossen seien. Ich stand echt ein bisschen auf dem Schlauch, fing nochmal von Ressourcen und Ziel erarbeiten an, Selbstwert stärken…
Es zog sich nun etwas in die Länge, ich merkte, dass sie mir eine Brücke bauen wollten,
Dr. Elsasser (Amtsarzt) brachte sich nun ins Gespräch ein und entlockte mir schlussendlich das Wort „Kompetenztraining“. Das war mein letztes Wort in dieser Prüfung, Kompetenztraining war das „Schlüsselwort“, auf das sie anscheinend gewartet hatten.
45 Minuten waren um, mir kam es wie 10 Minuten vor. Ich wurde nach draußen gebeten, damit sie sich besprechen konnten. Nach höchstens 2 Minuten ging die Tür wieder auf. Herr Dr. Elsasser sagte mir, dass ich bestanden hätte und sie zu dem Schluss gekommen seien, dass ich keine Gefahr für die Volksgesundheit sei. Ihnen hätte gut gefallen, dass ich so schnell und sicher mögliche Gefahren erkannt und ausgeschlossen hätte.
Für die Zukunft empfahlen sie mir, dass ich mir vorher überlegen soll, was ich mit dem Klienten machen will und nicht erst, wenn er bereits vor mir sitzt… (??? Bei einem Erstgespräch???) Darüber war ich etwas irritiert und verwundert, letztlich war es mir in dem Moment aber völlig egal - ich habe mich bedankt und mich gefreut.
Die Atmosphäre war die ganze Zeit über angenehm, ich habe mich wohl gefühlt.
Frau Sauerbauer vom Heilpraktiker-Verband hat nichts gesagt und Protokoll geführt.
Im ersten Moment war ich ein bisschen enttäuscht, weil ich so viel von meinem Gelernten/Wissen nicht anwenden konnte und ein großer Teil der Prüfung so „sprunghaft“ verlaufen war. Ich war so gut vorbereitet, fühlte mich sicher und hatte eine klare Struktur für die Fallbearbeitung.
„SOSP“ ist superwichtig!!! Lieber einmal zu viel als zu wenig abklären und auch Fremdgefährdung ansprechen.
Vor lauter Unterbrechungen und der vielen Details zum Fallbeispiel war dann an eine klare Struktur nicht mehr zu denken und das hat mich im Nachhinein zunächst etwas frustriert.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung hätte ich noch ansprechen können, das hätte sicher gut gepasst. Das war mir aber während der Prüfung nicht sofort eingefallen und noch mehr Verdachtsdiagnosen wollten sie nicht hören.
Tatsächlich lief es anscheinend darauf hinaus, dass der junge Mann in dem Fallbeispiel,
trotz dieser teilweise sehr schwerwiegend anmutenden Auffälligkeiten, und meiner gleich zu Beginn angenommenen Double-Depression, die anscheinend bereits fachärztlich behandelt wurde, wohl keine schwerwiegende Störung hatte und er einfach nur „Kompetenztraining“ brauchte…


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