2022/05 Lüneburg



Gedächtnis Protokoll Lüneburg mündliche Prüfung HP Psychotherapie 11. Mai 2022

 

Es sind 3 Prüfer da  die Atmosphäre ist freundlich. 

Alle stellen sich vor.

 

Prüfungsvorsitzender bittet, dass ich mich vorstelle und sage, was ich vorhabe.

Ich erzähle einiges über mich, sage relativ spät, dass ich eine Praxis gründen möchte. 

An der Stelle reicht ihm das 

 

Kurzes Rollenspiel:

Ärztin geht aus dem Raum, kommt wieder rein.

Hat Gangstörungen, läuft nicht direkt zum Platz, zittert an den Armen, wirkt verwirrt.

Ich begrüße sie, frage ob sie gut hergefunden hat. 

Das hat sie.

Sie setzt sich.

 

Ich beginne mit Kostenaufklärung, Schweigepflichtsentbindung, merke dann dass das an der Stelle keinen Sinn macht.

Sie ist motorisch so unruhig.

Ich unterbreche daher mein Intro und frage, ob es ihr gut geht. Sie wirke verwirrt und zittere so.

 

Sie sagt, sie hat kein Problem, ihr Mann schickt sie, weil es gehe so nicht weiter.

Ich frage warum genau der Mann sie schickt. 

Sie sagt sie weiss es nicht.

Er sagt, es wird immer schlimmer mit ihr und sie muss endlich was machen.

 

Was genau meint denn der Mann, was wird immer schlimmer?

"Sie feiern ja bestimmt auch".

Ich sage, ja klar feiere ich manchmal, und frage sie, was sie mit feiern meint. Sie sagt ich trinke bestimmt auch.

 Ich bejahe, manchmal, und frage sie wie oft sie denn feiert.

Sie sagt zweimal die Woche. 

Ob sie zweimal die Woche Alkohol trinkt?

Es stellt sich heraus, dass sie jeden Tag ab mittags 2-3 Bier trinkt und zweimal pro Woche "feiert" und mehr trinkt.

Ich frage wie lange trinkt sie schon, seit dem Tod ihrer Mutter vor 15 Jahren

 

Ich frage wie lange sie dieses zittern schon hat.

Sie sagt seit 4 Wochen. 

Ich frage ob dauerhaft oder nur in bestimmten Situationen.

Manchmal mehr manchmal weniger.

 

Ich frage sie welcher Wochentag ist.

Sie kann den Wochentag nennen, aber nennt den falschen Monat, wir seien im April (es ist Mai)

 

Die Ärztin unterbricht das Rollenspiel.

Sie fragt was mein Verdacht ist und was ich machen würde.

 

Ich sage mein Verdacht ist ein Delir und dass die Frau unbedingt ärztlich untersucht werden muss

 

Was das ist ein Delir?

 Ich nenne die Symptome, Leitsymptom Bewusstseinsstörungen, und außerdem Orientierung, Wahrnehmung, Gedächtnis, formales und inhaltliches denken, Psychomotorik, Antrieb, 

Sie sagt Danke das reicht.

 

Ob das harmlos ist so ein Delir.

 Ich sage nein das ist ein Notfall, ich würde sie zur Notaufnahme schicken, es kann zu Krampfanfällen kommen und Elektrolytentgleisungen.

 

Was die Frau für eine Behandlung machen muss?

Sie muss ins Krankenhaus. 

Und dann?

Ein Entzug 

 

Wie geht es danach weiter?

Entwöhnungsphase, Psychotherapie, Nachsorge, vielleicht mit Selbsthilfegruppen.

Wo man das macht in meinem Landkreis?

Ich sage ich würde sie zur Institutsambulanz schicken, die hätten ja in Uelzen eine Entzugsklinik und bestimmt auch angebote in Lüchow Dannenberg.

Gibt es auch spezialisierte Beratungsstellen für sowas?

Ich sage ja klar es gibt auch suchtberatungsstellen. 

Ob es das in meinem Landkreis gibt?

Ich sage das weiß ich nicht, ich gehe davon aus, und ich würde beim sozialpsychiatrischen Dienst anrufen und fragen.

Sie sagt das ist eine gute Idee.

 

Was würde ich die Frau denn jetzt weiter noch fragen?

Ich sage in einer echten Situation würde ich sie zur Notaufnahme schicken und die Frage wäre, ob sie das macht. 

Die Ärztin sagt, das ist richtig. doch, das macht die Frau (der Mann sagt ja, sie soll was machen). und dass wir jetzt aber so tun als machten wir die Anamnese weiter.

 

Ich sage ich würde prüfen ob die Person abhängig ist. 

Wie mache ich das?

 Ich zähle die Kriterien für Abhängigkeit auf, anhaltender Konsum, craving, toleranzentwicklung, eineinengung, Kontrollverlust, Entzugserscheinungen. Sie sagt ihr Kollege versteht das nicht, was bedeutet das denn alles?

Ich erkläre die Begriffe

 

Sie fragt, was mir aufgefallen ist, wie die Frau reingekommen ist.

Ich sage sie hat gezittert, sie wirkte verwirrt und dass sie Gangstörungen hatte.

Sie fragt woher kommen die Gangstörungen?

Ich sage kommt darauf an, es kann vom Rausch sein oder ataktische Gangstörungen durch Schäden am Gehirn.

Sie hakt nochmal nach, was für Schäden das sind.

Ich verstehe nicht worauf sie hinaus will.

 

Sie fragt was kann Alkohol alles schädigen?

Ich sage eigentlich alle Organe, Niere Leber Herz Blutdruck steigt kognitive Schäden und so weiter, kann eigentlich auf alle Organsysteme gehen.

Sie fragt, ob mir Polyneuropathie etwas sagt.

Ich sage ja, das kenne ich vor allem als kribbeln in den Händen, aber klar, es kann auch Gangstörungen auslösen.

Sie fragt nochmal, was denn da geschädigt ist. 

Die Nervenzellen sage ich.

Ja sagt sie, ganz einfach, das war schon was sie hören wollte, gar nicht so kompliziert

 

Themawechsel.

Welche Wahninhalte gibt es, fragt sie.

Ich sage es gibt Eifersuchtswahn zum Beispiel bei Alkohol, Verwarmungswahn und Schuldwahn bei Depression, Verfolgungswahn, Beeinträchtigungswahn, Paranoia bei der Schizophrenie und auch sensitiven Beziehungswahn.

Außerdem gibt es anhaltende wahnhafte Störungen wo alle diese Wahninhalte vorkommen können und auch weitere zum Beispiel othellowahn also Liebeswahn. 

Es gibt auch induzierte wahnhafte Störungen, die Folie a deux. Es gibt hypochondrischen Wahn.

 

Sie sagt ihr würde das reichen und übergibt an den anderen Prüfer, den Heilpraktiker.

 

Er fragt, welche Abwehrmechanismen stecken typischerweise hinter einer Depression?

Ich habe keine Ahnung und gebe das auch offen zu.

 Ich wüsste was Abwehrmechanismen sind?

Ich sage Abwehrmechanismen dienen in der psychoanalyse dazu den intrapsychischen Konflikt zwischen dem über ich und dem es abzuwehren. Es gibt zum Beispiel Projektion, Verdrängung, Rationalisierung, sublimierung, Identifikation, Spaltung.

 

Was Spaltung sei? 

Ich sage, wenn man etwas abspaltet (verwechsle das mit Dissoziation).

Er sagt nein, das stimmt nicht.

Ich sage psychoanalytische Theorie ist ehrlich gesagt nicht so meine Stärke. ich bin eher an Verhaltenstherapie interessiert

 

Ich wisse ja was Zwangsstörungen sind? Ich sage ja, es gibt Zwangsgedanken, Zwangsimpulse, Zwangshandlungen.

Wie ist das in der ICD 10 verschlüsselt?

Vorwiegend Zwangsgedanken, vorwiegend Zwangshandlungen, oder beide gemischt.

 

Was ist die Qualität von Zwangsgedanken nach ICD 10?

Ich sage sie werden als sinnlos und quälend erlebt.

Was ist der Fachbegriff?

 Ich-dysthon.

 

Was sind die Inhalte von Zwangsgedanken? 

Ich nenne als Beispiel einen Waschzwang und die Angst, sich zu infizieren.

Er sagt nein wir sind ja nicht bei Zwangshandlungen, sondern bei Zwangsgedanken. 

Und witzelt, die Verhaltenstherapeuten denken immer gleich an verhalten.

Was sind die Inhalte bei Zwangsgedanken?

Ich sage, dass es Ängste sind und die Handlungen dazu dienen, diese abzuwehren. 

Ängste? Fragt er.

Ich sage dann selbst, dass ich ja wieder bei den Handlungen bin und dass ich gerade nicht darauf komme, was es bei den Gedanken ist.

 

Er beschreibt eine Person, die Impulse hat, sich zu verletzen.

Ich sage, ah, das meint er, gewaltvolle Gedanken.

 Er fragt was noch? 

Ich sage, ich weiss nicht mehr welcher Begriff im ICD verwendet wird, aber perverse/sexuelle Gedanken.

Er sagt der verwendete Begriff ist obszön

 

Wie erklärt man denn psychodynamisch die Entstehung von zwängen?

Ich sage, ich bin nicht sicher, wie es erklärt wird, ich erinnere mich, dass Freud das in die anale Phase einordnet.

Wie erklärt man es denn in der Verhaltenstherapie?

Ich sage durch Konditionierung und automatische Gedanken.

Wie genau?

Ich erkläre kurz, dass klassische Konditionierung bedeutet, ein Reiz wird mit einer Reaktion verknüpft und Operante Konditionierung ist, dass die auftretenswahrscheinlichkeit sich im Zusammenhang mit Verstärkern ändert.

 

Und wie ist das bei zwängen?

Ich habe keine Ahnung und fange an irgendwas über multifaktorielle Entstehung bei zwängen zu reden, also es gibt eine biologische Komponente, es werden ja auch Medikamente gegeben, aber auch dass es mit Belastung zusammenhängen kann, dass man sich in belastenden Situationen einen Anker setzt.

Er unterbricht und schmunzelt, jetzt bin ich ja doch in der Tiefenpsychologie gelandet.

Was ist denn psychodynamik?

(Ich bin überfordert und antworte nicht)

 

In meinem Lebenslauf hat er gesehen dass ich mal für einen Träger namens "Kinder brauchen Matsch" gearbeitet habe.

Wie ich diese These erkläre.

Ich sage, ich habe mir den Namen nicht ausgedacht, das war der Name des Trägers, aber so pauschal könne man das auch nicht beantworten.

Ob ich die These also nicht unterstütze?

Ich sage ich finde es schwer das so pauschal zu beantworten.

 

Welche Phasen der kindlichen Entwicklung ich kenne?

Ich frage ob entwicklungspsychologisch oder nach Freud.

Er sagt, er ist an der Stelle dankbar, über alles was kommt.

 

Ich zähle auf es gibt nach Freud die orale Phase, die anale, die phallische...

 er unterbricht. 

Was für eine Phase, die man heute nicht mehr so anwendet, gibt es noch im Rahmen der phallischen?

Ich sage Ödipus komplex. 

Was ist das? 

Ich gucke wahrscheinlich recht verwirrt und sage irgendwas mit Kastrationsangst. 

Alle lachen (zu dem Zeitpunkt bin ich bereits völlig verwirrt, leicht panisch und etwas frustriert, dass er immer wieder auf Psychoanalyse herumreitet, obwohl ich bereits offengelegt habe, dass ich mich mit dem Thema nicht so sicher fühle)

 

Was ist denn die Aufgabe in dieser Phase der psychosexuellen Entwicklung?

Die Ich-Werdung sage ich, also die Entwicklung eines Ich.

Er sagt ja, die Individuation.

Was ist die Aufgabe des Vaters in der phallischen Phase? 

Ich sage sich aus der Symbiose mit der Mutter zu lösen.

Wie ist das denn bei Mädchen? 

Die wenden sich nach Freud dem Vater zu und lösen sich so von der Mutter.

 

Der Sitzungsleitende macht darauf aufmerksam, dass die Zeit fast um ist.

Noch eine kurze Frage.

 

Er fragt: wer ist dafür zuständig, wenn eine Person nach NPsychKG gegen ihren Willen untergebracht wird, in der konkreten Situation über die Unterbringung zu entscheiden?

Ich erkläre, dass ich mit dem sozialpsychiatrischen Dienst telefoniert habe, und mir gesagt wurde, in Lüchow Dannenberg informiert man den Rettungsdienst. 

Der kann vorübergehend unterbringen bis zum Ablauf des Folgetages, bis dahin muss dann das Gerichtsurteil vorliegen.

 

Ja genau und wer entscheidet das in dem Moment?

Ich sage der Vollzugsbeamte entscheidet, ob die Person mitgenommen wird.

 Er fragt skeptisch: der Vollzugsbeamte? Ich sage im Gesetz steht dass die Person zu Vollzugsbeamten - korrigiere mich auf Vollstreckungsbeamten - bestellt werden können. Also in unserem Landkreis sind wohl die Mitarbeiter der Rettungsstelle diejenigen die das ausführen.

Und wer ist verantwortlich, darüber zu entscheiden?

 Ich sage, ich denke der sozialpsychiatrische Dienst.

 

Prüfung ende.

Ich soll hinausgehen. Es dauert keine 5 Minuten und ich werde wieder reingerufen.

 

Was ich selbst glaube, wie es gelaufen ist?

Ich sage: anfangs gut, dann im zweiten Teil war ich sehr verwirrt, weil ich da eine Lücke habe, was die psychoanalytischen Modelle betrifft.

 

Der Prüfungsleiter sagt, im zweiten Teil hat man mir sehr schwierige fragen gestellt, weil schon vorher klar war, dass die Grundlagen sitzen und ich keine Gefahr für die Volksgesundheit bin.

Es sei ja gut zu wissen, dass man noch Lücken hat. Ab heute gelte für mich eine Fortbildungspflicht.

Ich habe bestanden.

 

Ich bedanke mich und sage dem zweiten Prüfer aber, ich muss ihn leider enttäuschen, denn wenn ich mich fortbilde wird es nicht in Psychoanalyse sein :-D

 

Auch wenn der zweite Teil wie ich finde schon etwas gemein war und mich sehr verunsichert hat war es alles in allem ein faires, fachliches und auch humorvolles Gespräch.

 

 


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