2010/03 Friedberg



Mündlichen Überprüfung zur Heilpraktikerin Psychotherapie in Freiburg, März 2010

Gedächtnisprotokoll mündliche Prüfung HPP Freiburg 31. März 2010

Ich wurde knapp 10 Minuten nach der Prüfungsanfangszeit in das eher kleine Zimmer gerufen, wo ich vier Frauen, deren Namen an mir vorbeirauschten (ich glaube, die eine war die Amtsärztin), vorgestellt wurde (ich war sehr aufgeregt). Drei von ihnen stellten eine nach der anderen Fragen, die anderen schwiegen solange. Die Atmosphäre war sehr angenehm, freundlich und wohlwollend, so dass meine Aufregung bald abnahm, was auch damit zusammenhing, dass dieselben Fragen gestellt wurden wie in den Prüfungsprotokollen vom Januar und November beschrieben. Auf diese Fragen hatte ich mich vorbereitet… Die vierte Frau hospitierte, sie wird demnächst eine der beiden anderen Frauen (nicht die Amtsärztin), die aufhört, ersetzen und stellte keine Fragen.

Die Amtsärztin begann mit folgender Frage: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Praxis, ein Patient kommt und möchte bei Ihnen Therapie machen. Welche Schwierigkeiten könnten im therapeutischen Prozess auftreten?
Ich erwähnte mögliche Krisensituationen, emotionale Überflutung (Nachfrage: woran man Überflutung merke, wodurch jemand überflutet werden könnte) oder Überforderung (Nachfrage: warum überfordert?) infolge von Kontakt mit schmerzhaften, bisher verdrängten Gefühlen und Erfahrungen, die auch zu suizidalen Krisen führen könnten (Nachfrage: Warum?), Konflikte des Patienten im Umfeld aufgrund therapiebedingter Verhaltens-veränderungen. Hier sagte die Amtsärztin, dies sei ein Problem für den PATIENTEN, worin denn das Problem für den therapeutischen Prozess bestehe. Ich nannte Ängste bezüglich der Fortführung der Behandlung. Die Amtsärtzin: Worin sich diese zeigten? Ich erwähnte Zuspätkommen, Terminabsagen und –verschiebungen. Die Amtsärztin: Wie nennt man das? Widerstand. Was noch passieren könne? Ich erklärte, der Patient könne sich von der Therapeutin abhängig machen, sich zu sehr auf sie fixieren anstatt tragfähige soziale Kontakte aufzubauen.

Nächste Frage der Amtsärztin: Was ist in Bezug auf das Therapieende wichtig?
Ich erklärte, dass es möglichst von beiden Seiten gewünscht sein sollte. Sollte es lediglich vom Patienten kommen, sei dies als Zeichen von Autonomie zu respektieren. Dann sei es wichtig zu formulieren, was offen geblieben sei, nicht bearbeitet wurde. Sie fragte nach, warum dies wichtig sei im Vergleich zu einem Therapieabbruch. Da stammelte ich irgendetwas von wegen, dass der Patient dies dann bewusst habe, da es benannt sei, er später daran weiterarbeiten könne. Ich erklärte, woran man merke, dass eine Therapie beendet werden könne (Patient hat tragfähige soziale Beziehungen aufgebaut, ist also integriert, kann mit schwierigen Gefühlssituationen umgehen, mit seinen Schwierigkeiten umgehen bzw. diese akzeptieren, bringt zunehmend nicht mehr nur Probleme, sondern auch freudvolle Erfahrungen in die Therapie ein) und dass ein langsames Ausschleichen der Sitzungen sinnvoll sei genauso wie das Angebot, im Falle später auftretender neuer Probleme wiederkommen zu können. Es gibt ja auch kleine Abschiede in Therapien. Was ist da zu beachten? Ich kapierte überhaupt nicht, worauf sie hinauswollte, fragte, wie sie das meine, woraufhin sie Urlaube erwähnte. Achso! Ich erklärte, mit instabilen Patienten vorher immer abzuklären, wie es für sie sei, dass ich in Urlaub gehe, was sie tun könnten, wenn Verlassenheitsgefühle aufträten, an wen sie sich wenden könnten, und notfalls an einen Vertretungstherapeuten zu verweisen.

Die Amtsärztin gab weiter an eine der beiden anderen Damen, die, als sie den Fall schilderte (auswendig!), immerzu lächelte, was etwas sehr Beruhigendes hatte. Eine 43jährige alleinerziehende, halbtags berufstätige Mutter mit zwei 9 und 11 Jahre alten Kindern zog sich in der letzten Zeit aus sozialen Kontakten zurück, ermüde schnell, brülle die Kinder auch mal an, was sie nicht von sich kenne, grübele viel, schlafe schlechter, sei nachts zweimal mit einem Kloß im Hals und Angstgefühlen erwacht und trinke nun immer wieder Bier. Es wurden noch einige andere Details beschrieben, die ich nicht erinnere. Was müssen Sie noch von der Frau wissen? Ich sprach von meinen Verdachtsdiagnosen und entsprechenden Nachfragen an die Patientin, um diese zu bestätigen oder zu entkräften (Depression: Stimmungslage, Antrieb, Appetit, Gewicht etc.; Alkoholmissbrauch/-abhängigkeit: genaue Exploration des Trinkverhaltens, des früheren Trinkverhaltens, Einnahme anderer Substanzen?; Angststörung: andere Symptome, in welchen Situationen?; möglicherweise auch Anpassungsstörung oder posttraumatische Belastungsstörung: belastende Erlebnisse in der letzten Zeit?), der Erhebung des psychopathologischen Befundes (jeden einzelnen Punkt aufgezählt, einen vergaß ich, da fragte sie: was noch? Glücklicherweise fiel er mir dann auch ein) und der Anamnese (biografische Anamnese, Sozial- und Krankheitsanamnese, v.a. aber auch Familienanamnese zur Abklärung genetischer Belastungen). Wie würden Sie die Therapie planen? Abklärung der Therapieziele der Patientin mit meinen Ideen, zunächst Verringerung der depressiven Symptomatik durch Aktivierung sowie Pflege von sozialen Kontakten, etc., später aufdeckende Arbeit: Heranführen an bisher unterdrückte Gefühle wie Wut und Schmerz, Arbeit am Ausdruck eigener Wünsche und Bedürfnisse, am Eintreten für sich selbst und daran, Aggressionen nach außen statt gegen die eigene Person zu wenden etc.

Ein Patient von Ihnen ist plötzlich aufgewühlt, emotional erregt. Wie reagieren Sie?
Ich sage ihm, dass ich verstehen möchte, was ihn so sehr belaste, dass ich ihn so nicht gehen lassen möchte, weil ich mir sonst Sorgen um ihn mache; dass eine Analyse der Auslöser der Situation meiner Erfahrung nach in der Regel gut klappe, ich, wenn ich verstanden hätte, was los sei, mit dem Patienten besprechen würde, was er, wenn er hier rausgehe und den restlichen Tag tun könne, um sich zu stabilisieren, Gutes zu tun und weiter zu beruhigen.

Sie übergab an die dritte Frau, die nur kurz dran war und sagte: Sie erwähnten vorhin Angststörung. Was unterscheidet eine normale von einer pathologischen Angst?
Ich erklärte, dass eine pathologische Angst der Situation unangemessen sei und länger andauere als erforderlich, dass sie für den Betroffenen nicht erklärbar und unbeeinflussbar sei. Da war sie, glaube ich, nicht ganz zufrieden. Nach der Prüfung fiel mir ein, ich hätte noch sagen können, dass pathologische Angst ohne reelle Gefahr auftritt oder aber die Bedrohung in ihrer Gefährlichkeit überschätzt wird, dass sie zu Vermeidungsverhalten und Alltagsbeeinträchtigung führt, während die normale Angst Handlungen mobilisiert. Dann fragte sie noch, welche Angstformen es gebe. Spezifische, d.h. auf Gegenstände, Situationen oder Tiere bezogene (Phobien) und unspezifische, frei flottierende (sonstige Angststörungen wie Panikstörung und generalisierte Angststörung). Das war das Ende der Prüfung.

Die Prüfung dauerte etwa 20 Minuten. Ich wurde hinausgeschickt und nach kurzer Zeit wieder hereingerufen: Sie seien sich schnell einig gewesen, ich hätte bestanden. Die Amtsärztin fragte noch, was ich mit dem Schein machen wolle, und ich wurde beglückwünscht. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen, ich war überglücklich.

Wichtig war aus meiner Perspektive, ruhig zu bleiben, sich Zeit zu lassen und nachzufragen, wenn man etwas nicht versand. Ich schaute immer diejenige Prüferin an, die mir Fragen stellte. Was für mich hilfreich war und gut ankam, war, dass ich mir Patienten, mit denen ich arbeitete, vorstellte (z.B. bei der Frage, wodurch jemand überflutet werden könnte, warum jemand suizidal werden könne), und damit eigene Erfahrungen einbrachte. Auf diese Weise bekam die Theorie etwas „Fleisch“. Da ich vor der Prüfung eine Woche lang extrem aufgeregt war, möchte ich Euch, wie auch schon meine VorprotokollantInnen, ermutigen. Es macht viel aus, netten und sich der Schwierigkeit einer Prüfungssituation bewussten Prüferinnen gegenüberzusitzen, die einen unterstützen, wenn man nicht weiterweiß. Das ist eine große Hilfe, da dies beruhigt und man dann auch auf sein Wissen zurückgreifen, sich konzentrieren kann. Ich drücke Euch ganz fest die Daumen und wünsche Euch viiiiel Glück! 


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