2008/11 Wuppertal



Mündlichen Überprüfung zum Heilpraktiker Psychotherapie in Wuppertal 11/2008

Prüfungsprotokoll mündliche Überprüfung in Wuppertal im November 2008

(Anwesend waren der Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes, Dr. med. Dürholtz, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie 3 weitere Ärzte als Beisitzer, davon eine nur als Beobachterin)

Zum Auftakt wurde mir von Dr. D. ein ausführlicher Fall geschildert, der in etwa so lautete:

Ein Mann, schwarze Haare, schwarze Augenbrauen, schwarz gekleidet steht bei ihnen vor der Praxistür und sagt ihnen, dass er ihre Hilfe bräuchte. Er wolle zu keinem Arzt gehen, und er hätte da ein Problem. Er sei neulich mit dem Fahrrad über den Fußgängerweg gefahren und vom Ordnungsamt angehalten worden. Er habe einBußgeld von €60 zu zahlen, was er aber nicht einsehen würde, da er mit den Ordnungsbehörden nichts zu tun haben wolle.
Er habe daraufhin eine weitere noch teurere Zahlungsaufforderung erhalten, die er aber auch nicht gezahlt hätte,außerdem fühle er sich von denen verfolgt. Das ginge schon länger so.
Seit kurzem habe er aber Angst, das Haus zu verlassen, er bekäme regelrecht Panik und würde am liebsten zu Hause bleiben.

Was ich tun würde? Was meine Verdachts- und Differenzialdiagnosen wären?

Antwort:
Aufgrund der psychopathologischen Symptome (inhaltliche Denkstörungen - Verfolgungs- Beeinträchtigungs- bis hin zum Querulantenwahn, Angst, Panikanfälle, sozialer Rückzug) habe ich als Verdachtsdiagnose anhaltende wahnhafte Störung angenommen und als Differenzialdiagnosen paranoid-halluzinatorische Schizophrenie und Agoraphobie mit Panikstörung.
Habe dem Amtsarzt gesagt, wie ich das explorieren würde z.B. durch Fragen nach Auftreten der Angst, welche Situation, welche Gedanken, unvorhersehbar etc. sowie durch Fragen nach Halluzinationen, Ich-
Störungen und sonstigen Wahrnehmungen.

Das war richtig. Daraufhin wurde ich gefragt, wie ich ihn denn behandeln würde? Ich sagte, ich müsste ihn zu einem Psychiater überweisen, da er in erster Linie Neuroleptikabehandlung bräuchte aufgrund der Wahnsymptomatik (unkorrigierbare Überzeugung).

Arzt: Er will aber auf keinen Fall zu einem Psychiater, er wolle sich nur von einem Heilpraktiker behandeln lassen. Was ich denn machen würde?

Ob ich eventuell noch Zeit hätte?

Ich: Es liegt keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung vor, also hätte ich Zeit, ihn zu einem Gesprächstermin einzuladen, denn meine "Therapie" läge in erster Linie darin, ihn zu motivieren, einen Arzt der Psychiatrie aufzusuchen und auch mit ihm an den Konsequenzen seines Handeln zu arbeiten, denn bei einer weiteren Vernachlässigung der Zahlung würde ihm ein Strafverfahren angehängt, das sicherlich noch unangenehmere Konsequenzen hätte. Ich würde deshalb gerne mit ihm gesprächstherapeutisch versuchen zu erarbeiten, welche Alternativen es für sein Handeln gäbe, bzw. die Ursachen für sein Handeln zu ergründen.

Daraufhin wurde ich gefragt, wofür Neuroleptika noch eingesetzt würden. Ich habe einige andere Anwendungsbeispiele und die unterschiedlichen Kategorien genannt.

Arzt: Ob ich wüsste, ob Neuroleptika bei wahnhaften Störungen oder bei Schizophrenie besser wirken würden?

Ich sagte daraufhin, dass ich lediglich wüsste, dass sie bei Wahn und Halluzination eingesetzt werden, da beides Positiv-Symptomatiken seien, aber nicht genau Bescheid wisse über den Wirkungsgrad.

Wurde dann (auf nette Art und Weise) belehrt, dass sie bei Schizophrenie besser anschlagen würden - klar sonst hießen sie ja nicht anhaltende wahnhafte Störungen!!!
Außerdem könne man bei wahnhaften Störungen noch mehr psychotherapeutisch machen. Habe mich für die Belehrung bedankt.

Er wollte nur noch wissen, was ich denn gedacht hätte, warum der Herr so schwarz gekleidet gewesen sei. Ich äußerte, dass ich aufgrund der Schilderung schwarze Haare, schwarze starke Augenbrauen zuerst an eine andere Religionszugehörigkeit gedacht hätte - darauf der Arzt - Es wäre ein Gothik
gewesen - oder Emo (wie man bei uns sagen würde). Wahrscheinlich habe ich mich verhört, und er sagte schwarz (geschminkte) Augen und nicht schwarze Augenbrauen!!! Letztendlich hat es wohl keine Rolle gespielt.

Der nächste Fall wurde von einer Ärztin vorgestellt:
Sie schilderte eine Patientin mit lange anhaltendem, wechselndem Beschwerdekomplex, mal Bauchschmerzen, mal Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen und vielen anderen wechselnden Symptomen. Der Arzt, der ihr auch schon eine Menge homöopathische Mittel verschrieben habe, meinte, sie solle mal eine Psychotherapie machen und sei deshalb zu mir gekommen. Was ich denn
denken würde, was sie hätte.

Ich: Mit der Information, die mir vorläge (lang anhaltende, wechselnde Beschwerden in unterschiedlichen Organen und sonstige Beschwerden) würde ich an eine Somatisierungsstörung denken, würde explorieren, wie lange sie die Beschwerden hätte, ob sie klagsam sei, wie
beeinträchtigend sie die Beschwerden empfinden würde, welcher Überzeugung sie sei, wo sie herkämen und ob sie Befürchtungen hätte, schwer krank zu werden etc., um es von anderen somatoformen Störungen abzugrenzen.

Die Prüferin verneinte all dies und sagte, sie wolle gerne noch einen anderen Begriff hören. Was denn sei, wenn es sich um eine Depression handeln würde?

Daraufhin fiel der Groschen und ich sagt ihr, dass es sich dann um eine larvierte Depression handeln würde. Bingo!

Der Amtsarzt bemerkte: Eine larvierte Depression wird doch gar nicht mehr im ICD-10 klassifiziert.

Ich: nur indirekt - nämlich bei den schweren Depressionen, die meist mit einem somatischen Syndrom wie auch im ICD-10 klassifiziert einhergehen.

Frage der Ärztin: Wie behandeln sie die denn?
Ich sagte ihr: Gar nicht, denn die larvierte Depression sei eine Sonderform der endogenen Depression, die in erster Linie mit Antidepressiva behandelt werden müsse. Begleitend wäre eine Psychotherapie möglich.

Anderer Beisitzer: Keine weiteren Fragen. Das war das Ende.

Ich habe die Prüfung als sehr fair empfunden, die Prüfer waren alle sehr freundlich und wohlwollend, die Prüfungssituation war entspannt, mir wurde anfangs Wasser angeboten (und ich habe mich nicht aufs Glatteis führen lassen!).

Viel Erfolg für alle, die zukünftig ihre Prüfung in Wuppertal machen werden!!!
Stefanie K.


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