2009/11 Regensburg



Mündlichen Überprüfung zum Heilpraktiker Psychotherapie in Regensburg 11/2009

Mündliche Überprüfung zum Heilpraktiker Psychotherapie in Regensburg 11/2009

Protokoll Mündliche Prüfung Regensburg vom 20.11.09, 8:30 Uhr

Hallo,

wie versprochen kommt hier mein Gedächtnisprotokoll. Man muss bei meiner Prüfung allerdings bedenken, dass ich ja bereits mit Kindern und Jugendlichen seit zwei Jahren als selbständige Lerntherapeutin praktisch arbeite. Deshalb wurden wohl auch spezielle Fragen an mich gestellt!

Ich hoffe trotzdem, dass andere dadurch eine Anregung bekommen werden. Die Prüfung selbst war sehr sachlich und fair!

Liebe Grüße,
Cornelia A.


Ich wurde vom Amtsarzt in den Konferenzraum gebeten. Erst stellte er sich, dann den anwesenden Diplom Psychologen und die Diplom Psychologin vor. Ich habe allen die Hand gegeben und mich dann auf meinen Stuhl gesetzt. Er fragte mich, ob ich damit einverstanden bin, dass die Prüfung per Tonband aufgezeichnet wird. Ich bejahte. Zuerst sollte ich einen kurzen Lebenslauf wiedergeben und dann, in welchem Bereich ich tätig sein möchte.

Dann fing der erste Diplom Psychologe (kurz Psy genannt) an.

Psy: Was ist Legasthenie?

Ich: Es ist eine angeborene Lese-Rechtschreib-Schwäche. Man unterscheidet zwischen einer primären und einer sekundären Legasthenie. Eine primäre Legasthenie ist eine reine Lese-Rechtschreib-Beeinträchtigung ohne Begleitsymptome. Eine sekundäre Legasthenie ist eine Störung mit Begleitsymptomen wie psychosomatische, somatoforme Störungen, Depressionen bis hin zur Schulphobie. Hier müssen weitere Fachleute wie Ärzte oder Psychologen hinzu gezogen werden. Ich unterscheide außerdem noch die erworbene Lese-Rechtschreib-Schwäche, die ausschließlich durch äußere Umstände wie z.B. Scheidung, problematisches Umfeld oder körperliche Erkrankungen entstanden ist.

Psy: Wie stellen sie eine Legasthenie fest?

Ich: Ich stelle keine Legasthenie fest, sondern nur den Verdacht einer Legasthenie! Ich arbeite hierbei mit einem Computertestverfahren zur Feststellung von differenzierten
Sinneswahrnehmungen und verschiedenen standardisierten Tests.

Psy: Welche Tests wenden Sie an?

Ich: AFS-Computertest, Westermann Schreibprobe, Hamburger Schreibprobe und ein Konzentrationstest.

Psy: Stellen sie sich vor, eine Mutter kommt zu ihnen und sagt, ihre Tochter hat Legasthenie. Was tun sie?

Ich: Ich mache mir mein eigenes Bild und verlasse mich nicht auf die Aussage der Mutter. Um ein klares Bild von der Situation zu bekommen, mache ich zu den Tests eine Fehleranalyse aus alten Schulheften oder Diktaten.

Psy: Machen sie auch Intelligenztests?

Ich: Nein.

Psy: Warum machen sie keine Intelligenztests?

Ich: Die meisten Eltern, die zu mir kommen, haben bereits ein Gutachten des Schulpsychologen und benötigen daher keinen Test. Außerdem ist ein solcher Test immer nur eine Momentaufnahme und kann gerade bei legasthenen Kindern nicht immer aussagekräftig sein. Von den 13 Untertests des HAWIK erfordern z.B. 9 Tests differenzierte Sinneswahrnehmungen, die bei legasthenen Kindern beeinträchtigt sein können.

Psy: Was tun sie, wenn die Eltern den Verdacht einer Intelligenzminderung haben?

Ich: Ich verweise sie an einen Neurologen.

Psy: Was tun sie, wenn sie mit einem Kind und dessen Eltern überhaupt nicht zurecht kommen?

Ich: Ich empfehle ihnen einen anderen Legasthenietrainer und erkläre, dass ich an meine Grenzen stoße und die Zusammenarbeit nicht funktioniert. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Therapie nicht konstruktiv ist und keine Fortschritte bringt. Außerdem kann es zu einer Übertragung und Gegenübertragung kommen.

Psy: Was muss ein Patient haben?

Ich: Leidensdruck, Motivation, Frustrationstoleranz, Selbstreflexion, Ausdauer

Psy: Was muss der Therapeut haben?

Ich: Empathie, Selbstreflexion, Balintgruppe.

Psy: Also Supervision. Und was noch?

Ich: Selbstverständlich eine Zulassung und eine fachliche Qualifikation.

Psy: Sie brauchen diese Prüfung hier ja eigentlich gar nicht, sie können doch jetzt schon mit Kindern arbeiten. Warum machen sie das?

Ich: Weil ich einfach tiefer als bisher gehen möchte. Bisher darf ich nur beratend tätig sein, das möchte ich aber weiter vertiefen.

Psy: Noch mal, sie brauchen die Prüfung gar nicht.

Ich: Ich weiß, aber ich habe erkannt, dass ich oft bei meiner Arbeit an meine Grenzen stoße und ich möchte tiefer gehen. Ich möchte gerne systemisch arbeiten und das gesamte Umfeld stärker integrieren, weil oftmals schon somatoforme bzw. psychosomatische Störungen vorliegen.

Psy: Wann würden sie keine Empathie mehr für einen Patienten empfinden?

Ich: Ich empfinde immer Empathie. Ich versuche mich in den Patienten zu versetzen, seine Gefühle nachzuvollziehen um seine Probleme verstehen zu können.

Psy: Aber wann würden sie keine Empathie mehr für den Patienten empfinden?

Ich: .... (Pause) Vermutlich, wenn er mich zum wiederholten male angegriffen hat.

(Kommentar vom Prüfer: „Respekt!“)
Psy: Was ist Authentität?

Ich: Wenn man sich selbst treu ist und nicht vorgibt, etwas oder jemand anderes zu sein.

Psy: Und bei einem Patienten?

Ich: Wenn er ehrlich ist und sich nicht verstellt.

Psy: Was würden sie nicht behandeln?

Ich: Essstörungen, weil das stationär behandelt werden muss. Z.B. in der Uniklinik Regensburg, Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie und in der Wohngruppe Anna in Regenstauf.

Psy: Was dürfen sie nicht behandeln?

Ich: Psychosen. Eine Sonderform ist die hebephrene Schizophrenie, die schon im Jugendalter beginnen kann.

Psy: Wie erkennen sie eine Schizophrenie?

Ich: Halluzinationen, Wahn und katatone Symptome. Bei dem Verdacht würde ich den Patienten sofort weiterschicken.

Psy: Danke, das war´s von mir.

Die Diplom Psychologin übernahm das Wort:
Psy: Welche Formen der Verhaltenstherapie kennen sie?

Ich: Klassisches Konditionieren, operantes Konditionieren und Kognitive Verhaltenstherapie.

Psy: Sie haben das operante Konditionieren erwähnt, erklären sie es.

Ich: Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass im Gegenteil zur Neurosenlehre, welche von ungelösten Konflikten in der Kindheit als ursächlich für psychische Störungen ausgeht, das Fehlverhalten erlernt ist und durch bestimmte Methoden wieder umgelernt werden kann. Durch Belohnung soll das Verhalten geändert werden.

Psy: Wie genau funktioniert das?

Ich: Beim Token-Modell wird z.B. eine Münze für positives Verhalten vergeben und somit verstärkt. Das erwünschte Verhalten wird häufiger. Ich wende es bereits an indem ich den Kindern nach einer Stunde, in der sie sehr gut mitgearbeitet haben, einen Punkt gebe. Den dürfen sie dann auf ein Blatt Papier kleben und wenn sie 10 Punkte haben, dürfen sie sich eine Belohnung aussuchen.

Psy: Das ist operantes Konditionieren, das Verhalten wird häufiger. Wissen sie, wer Begründer des operanten Konditionierens war?

Ich: Das SORKC-Schema stammt von Kanfer, ...(kurze Pause) ich glaube Skinner?

Psy: Skinner ist richtig. Sie haben das klassische Konditionieren erwähnt, wer ist dessen Begründer und wie funktioniert es?

Ich: Ich nehme den Pawlowschen Hund als Beispiel. Begründer war Pawlow. Zuerst muss ein angeborener Reflex wie der Speichelfluss vorhanden sein. Der Unbedingte Reiz ist das Futter, welches der Hund bekommt. Die unbedingte Reaktion ist der Speichelfluss, wenn er das Fressen bekommt. Man bringt nun einen neutralen Reiz wie den Glockenton dazu und konditioniert diesen, indem man ihn wiederholt zusammen mit dem unbedingten Reiz anbietet. So wird aus dem Glockenton ein bedingter Reiz der auch schon alleine, ohne Futter, eine bedingte Reaktion, nämlich den Speichelfluss, auslöst.

Psy: Wie nennt man die Zusammenarbeit zwischen Patient und Therapeut?

Ich: .... (Pause), mir fällt das Wort nicht mehr ein. Kontingenz?

Psy: Es ist die Compliance.

Ich: Ach so, ich wusste was mit K, bzw. mit C...

Psy: Stellen sie sich vor, bei ihnen ist ein Mädchen und ihre Mutter kommt nun und möchte ihre Tochter bei ihnen abmelden, weil sowieso alles sinnlos ist und keinen Wert hat. Sie hat den Verdacht, dass ihr Ehemann eine Freundin hat und vielleicht lassen sie sich scheiden. Der Vater liegt krank im Krankenhaus und wird vielleicht sterben. Alles ist so sinnlos. Was tun sie?

Ich: Hier besteht auf jeden Fall Suizidgefahr! Es könnte auch zu einem erweiterten Suizid kommen. Ich frage nach, ob die Frau Suizidgedanken hat und wenn ja, wie konkret die sind. Wenn sie schon Vorbereitungen zu Hause getroffen hat, besteht akute Suizidgefahr. Hier ist eine Zwangseinweisung erforderlich.

Psy: Was tun sie bei akuter Suizidgefahr?

Ich: Ich rufe die Polizei.

Amtsarzt: Vielen Dank. Bitte warten sie draußen noch einen Moment. Wir werden ihnen das Ergebnis mitteilen.

Ich dachte erst: Moment mal, der Amtsarzt hat mich doch noch gar nichts gefragt...
Nach etwa 3 Minuten wurde ich wieder in den Raum gerufen.

Der Amtsarzt übernahm das Wort: Wir waren sehr zufrieden mit Ihnen. Wir gratulieren, sie haben die Prüfung bestanden. Die Urkunde wird ihnen zugesandt.

Die Prüfer standen auf und gaben mir zum Abschied noch mal die Hand.

Ich bin wie in Trance raus marschiert und konnte mein Glück gar nicht fassen!

Ich hoffe, ich konnte den Inhalt einigermaßen erfassen, übernehme aber keinerlei Gewähr dafür, da es ein reines Gedächtnisprotokoll ist! ;-)


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