2008/04 Mainz



Mündlichen Überprüfung zum Heilpraktiker Psychotherapie in Mainz 04/2008

Ich habe zwar nicht die Ausbildung bei euch gemacht, aber ich würde trotzdem
gern einem Bericht von meiner mündlichen Prüfung in Mainz abgeben.
Hauptsächlich kann man ja Erfolgsberichte lesen, leider vermisse ich mehr
Berichte von Prüflingen, die durchgefallen sind. Ich denke, daß solche
Berichte auch hilfreich sein können, da man von den "Fehlern" lernen kann.

Eigentlich habe ich mir gute Chancen ausgerechnet, da ich gelernt habe wie
blöd, wie wohl die meisten, die schriftliche mit einem Fehler bestanden habe
und seit ca. 14 Jahren als Physiotherapeutin arbeite (so also
Patientenerfahrung habe). Trotzdem habe ich nicht bestanden.

Meine Prüfung lief folgendermaßen ab:

Ich kam etwas früher an um bloß nicht zu spät zu kommen. Als ich den Flur
betrat, ging die Tür des Prüfungsraums auf und die Kandidatin vor mir kam
raus. Nach einigen Minuten wurde sie wieder reingebeten. Es dauerte keine 3
Minuten und da war sie wieder draußen:"...durchgefallen!"
Ich dachte:" Super, aber es heißt ja nicht, daß mir das auch passiert." Ich
wunderte mich nur, daß ihre Prüfung schon vor der Zeit vorbei war, wo sie
doch eine Stunde dauern sollte.

Bei mir sah es dann ähnlich aus. Ich wurde Punkt 15.00 Uhr vom Arzt per
Handschlag begrüßt. Mir wurde mein Platz zugewiesen, frontal zum Psychiater
und den zwei HP-Beisitzerinnen. Die Atmosphäre war freundlich und ich
dachte, na das geht ja schon mal ganz gut. Ein bisschen smaltalk und dann
ging es los.

Alle drei stellten sich vor, dann war ich an der Reihe. Ich stellte mich
kurz und knapp vor mit Namen und Beruf. Wenn sie noch was wissen wollen,
können sie ja fragen, dachte ich. Was kam war ... Pause... Pause...Pause.
Alle drei schauten mich an und ich wartete, daß sie denn nun mal eine Frage
stellen. Irgendwann fing ich an zu reden und sagte:

"Wahrscheinlich wollen Sie jetzt wissen weshalb ich diesen Schein möchte."

"Ja, dann erzählen Sie mal."

Ich sagte, ich möcht Heilpraktikerin für Psychotherapie werden, weil ich für
meine Patienten eine Zusatzqualifikation möchte und ich mit ihren Sorgen und
Ängsten professioneller umgehen möchte. Der Reaktion zu urteilen kam es so
an, als wolle ich zwischen zwei Übungen ein bisschen
Psychotherapie machen. Das ist natürlich Blödsinn, aber es wurde nicht
nachgefragt.

Vielleicht habe ich mich in der Aufregung auch nicht so klar
geäußert. Nun gut.

Dann kam die Frage, ob ich schon mit psychisch Erkrankten zu tun hatte. Da
hab ich, wenn ich es im Nachhinein so anschaue, DEN Fehler gemacht. Ich habe
wahrheitsgemäß geantwortet, daß ich zwei Schizophrene in Behandlung hatte
(natürlich nur zur Physio), setzte gleich nach, daß diese Diagnosen nicht
von mir waren. Dann kam ich zu meiner Patientin die eine narzistische
Persönlichkeitsstörung hat, die Augenbrauen des Prüfers gingen hoch,
erlehnte sich zurück und in dem Moment war das Urteil gefallen.

Als nächstes wollte er die großen Therapiegruppen wissen. Das war kein
Problem.

Dann kam der überaus präzise Auftrag:
"Erzählen Sie mal was über Psychoanalyse!"

Ich hatte mich darauf geeicht, nicht zu sehr zu plaudern sondern kurz und
knapp zu antworten, denn wenn sie was wissen wollen, können sie ja fragen.
Nach zwei Sätzen kam wieder Pause...Pause...Pause...

"Äh, soll ich noch mehr dazu sagen?"

"Ja, erzählen Sie mal!"

Also erzählte ich alles was ich so zur Psychoanalyse zu sagen hatte. Der
Arzt frage dann noch nach dem Setting, was ich beantworten konnte bis auf
die Frage, warum der Patient liegt.

Dann ging es zur Phasenlehre. Die betete ich runter mit Jahresangaben und
dazugehörenden Krankheitsbildern, kein Problem.

Als nächstes kam die Verhaltenstherapie. In einem Satz beschrieb ich sie,
dann kam die schon bekannte Pause...Pause...Pause...
Ich dachte: "wird das hier ein Spiel wie wer-als-erstes-redet-hat-verloren?"

"Ja, äh, soll ich vielleicht mal aufzählen, was es so für
Verhaltenstherapien gibt?"

"Ja, machen'se mal"

Also fing ich an mit der systematischen Desensibilisierung, der klassischen
und operanten Konditionierung, weiter kam ich nicht. Ich sollte etwas über
die Konditionierung erzählen. Bei der klassischen fing es an etwas zu
harken, also fragte ich, ob ich erst mit der operanten beginnen könne. Das
war o.k. also erklärte ich die operante Konditionierung.
Die klassische erklärte ich mit dem Beispiel der Pawlowschen Hunde.
Dann wollte er die Fachbegriffe für das Futter und die Klingel wissen. Das
hatte ich aber nicht gelernt. Der Arzt fing an zu bohren, stellte mir immer
wieder die gleiche Frage, nur anders formuliert, bis ich sagte, er könne
noch 10 Mal fragen, ich wüsste es nicht.

"Gut, dann gehen Sie bitte raus"

Nach ein paar Minuten wurde ich wieder rein gebeten und mir wurde eröffnet,
ich sei durch gefallen. Es hätte sich ja alles gut angelassen, das hätte
ihnen alles gut gefallen, aber die Verhaltenstherapie sei zu oberflächlich.

Die Prüfung war für eine Stunde angesetzt, für mich war es schon nach 25
Minuten vorbei. Da frage ich mich, warum mir nicht die Möglichkeit gegeben
wird, etwas was ich nicht weiß, mit anderem auszugleichen. Anscheinend sind
Fachwörter wichtiger wie die Tatsache, daß man verstanden hat, worum es
geht.

Mein Eindruck war, daß er, nachdem ich gewagt habe eine "Diagnose" zu
stellen, nur nach etwas gesucht hat, um mich legitim durchfallen zu lassen.
Fair wäre gewesen, diesen Bereich zurück zu stellen und mein Wissen auf
anderen Gebieten zu prüfen. Schließlich habe ich es richtig erklärt, nur die
Fachworte nicht gewußt (was mich nicht zu einer Gefahr für die Menschheit
macht). Das gute schriftliche hat mir auch nichts genutzt.

Ich finde, es sollte möglich sein, auch mal etwas nicht zu wissen und
trotzdem die Chance zu haben, zu bestehen. Schließlich wollte ich nicht
versuchen, einen akut Suizidalen selbst zu therapieren. Es war einfach kein
Interesse da, mich durchkommen zu lassen.
Mainz ist bekannt dafür, daß es fast unmöglich ist zu bestehen, ich wollte
es trotzdem wagen, leider ohne Erfolg.

Nachdem, was ich inzwischen aus Heilpraktikerkreisen mitbekommen habe,
kombiniert mit den eigenen Erfahrungen kann ich nur allen raten, geht
woanders hin, wenn ihr die Möglichkeit habt. In Mainz freut man sich über
jeden der durchfällt.

Allen, die es noch vor sich haben, viel Erfolg!

liebe Grüße Sonia aus Mainz